An alles gedacht?

So trainieren Sie Ihr Gedächtnis

, Text von Felix Firme

Handwerker müssen an viele Dinge denken. Da rutscht im Arbeitsalltag gern mal das eine oder andere durch. Damit das nicht passiert, gibt es einige Techniken, mit denen man sein Gedächtnis trainieren kann. Wir stellen einige davon vor.

Wer auf der Baustelle arbeitet, weiß: Hier geht’s nicht nur um Muskelkraft, sondern auch um Köpfchen. Ob es darum geht, sich To-dos zu merken, sich an Absprachen zu erinnern oder einfach nicht zu vergessen, wo der Hammer liegt – ein gutes Gedächtnis ist Gold wert. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen ein paar einfache Techniken, um das Gehirn genauso fit zu halten wie den Rest des Körpers. Denn ein klarer Kopf macht den Arbeitsalltag leichter – das gilt für Azubis genauso wie für alte Hasen. 

 

Warum wir uns manche Dinge nur schwer merken können 

 

Das Gedächtnis ist ein komplexes System, das uns ermöglicht, Informationen zu speichern, zu verarbeiten und bei Bedarf wieder abzurufen. Dabei unterteilt es sich in zwei verschiedene Segmente: Das Kurzzeitgedächtnis behält Informationen nur für einige Sekunden, während das Langzeitgedächtnis sie dauerhaft abspeichert. Anders als etwa ein elektronischer Speicher funktioniert das allerdings nicht statisch, sondern dynamisch. Das heißt: Erinnerungen bleiben nicht dauerhaft gleich, sondern verändern sich mit jedem Abruf ein wenig.  

 

Das liegt daran, dass das Gehirn die Informationen in diesen Momenten wieder neu abspeichert, quasi die alte Version „überschreibt”. Die Veränderungen werden dadurch im Laufe der Zeit immer stärker. Bestimmte Details werden weggelassen, andere dagegen hinzugefügt. Je älter eine Erinnerung ist, desto weniger hat sie meist mit der Realität zu tun. 

 

Damit Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis übergehen, müssen diese vom Gehirn als wichtig erachtet werden. Dazu müssen die Informationen mit möglichst starken Emotionen verbunden sowie etwas Besonderes, am besten Einzigartiges sein. Genau hier liegt oft das Problem, warum wir uns sowohl im Alltag als auch im Berufsleben manche Dinge nur schwer merken können. Denn seien wir mal ehrlich: Wie spannend und emotional aufgeladen sind schon Telefonnummern, Namen oder To-do-Listen? 

 

Dennoch gibt es einige Techniken, mit denen sich auch solche Informationen besser einprägen lassen (siehe Slider).

Mnemotechniken

Das Wort “Mnemo” stammt aus dem Griechischen und bedeutet zu Deutsch “Gedächtnis”. Alle darunter zu verstehenden Methoden beruhen auf der Verknüpfung verschiedener Inhalte miteinander.  Unserem Gehirn fällt es so wesentlich leichter, Informationen zu speichern und abzurufen. 

Loci-Methode 

Diese Gedächtnistechnik, auch bekannt als Gedächtnispalast, basiert auf dem Prinzip, Informationen mit einem vertrauten Ort zu verknüpfen. Das funktioniert beispielsweise besonders gut bei Listen. Jeder Punkt wird dabei in einem Raum, z. B. im eigenen Haus oder dem aktuellen Bauprojekt, zugeordnet. Will man sich dann an die einzelnen Punkte auf der Liste erinnern, schreitet man einfach diese Räume nach und nach ab. Im ersten Moment bedeutet dies zwar Mehraufwand, sorgt aber dafür, dass die Informationen besser im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. 

Chunking 

Hierbei werden große Informationsmengen in kleinere, überschaubare Blöcke zerlegt. Unser Gehirn ist viel besser darin, Informationen in Gruppen aufzunehmen. Das hilft zum Beispiel, sich eine große Menge neuer Namen zu merken, wenn man auf einer neuen Baustelle wieder mit neuen Kollegen zusammenarbeitet. Beispielsweise können hier alle Namen mit demselben Anfangsbuchstaben in eine Gruppe sortiert werden.  

Schlüsselwort

Beim Lernen einer Sprache oder bestimmter Wörter können neue Vokabeln mit bekannten Wörtern aus der eigenen Muttersprache verknüpft werden. Das englische Wort „drill“ (Bohrer) könnte z. B. aufgrund der beiden Anfangsbuchstaben mit dem Wort “drehen” verknüpft werden: Der Bohrer dreht sich. Die Methode funktioniert auch gut für Azubis, die sich neue Fachbegriffe merken müssen.

Major-System 

Hierbei werden Zahlen in Buchstaben oder Bilder umgewandelt. So steht beispielsweise die Zahl Eins immer für einen Hasen. Die Zahl Zwei immer für einen Luftballon und so weiter. Bei Telefonnummern oder bestimmten Maßen werden diese Bilder zu Geschichten kombiniert. Je seltsamer diese werden, desto besser. 

All diese Techniken sind anfangs eine kleine Herausforderung. Im ersten Moment wirken sie aufwändig, weshalb sie im Alltag dann oft doch nicht angewendet werden. Deshalb ist es sinnvoll, möglichst klein zu starten. Zum Beispiel zu versuchen, nicht auf den Einkaufszettel zu schauen und stattdessen eine der Methoden anzuwenden. Oder aber auf dem Weg zur Baustelle das Navi auszustellen und nach dem Gedächtnis zu fahren. Der Beifahrer kann derweil kontrollieren, ob die Strecke richtig ist. 

 

Gesunder Körper = gutes Gedächtnis 

 

Neben diesen Techniken gibt es noch weitere Faktoren, die die Gedächtnisleistung positiv beeinflussen. So haben Sport und Bewegung einen großen Einfluss auf unser Gehirn. Dabei werden sogenannte Neurotrophine ausgeschüttet. Diese schützen unsere Nervenzellen und fördern gleichzeitig die Bildung neuer Neuronen und Synapsen. Studien zeigen, dass bereits ein Spaziergang die Gedächtnisleistung steigern kann. Hinzu kommen regelmäßige Ortswechsel und äußere Reize, die das Gehirn zusätzlich trainieren. Kommunikation und soziale Kontakte fördern das Gehirn ebenfalls auf vielfältige Weise. Neue Gespräche, das Kennenlernen von Menschen oder das Erzählen von Erlebnissen helfen, Informationen besser zu verarbeiten. 

 

Ein besonders großer Faktor ist außerdem ein erholsamer Schlaf. Während der Nachtruhe verarbeitet unser Gehirn die Informationen des Tages und speichert sie langfristig ab. Wichtig sind dabei vor allem die Tiefschlafphasen. Fehlen diese oder werden zu oft unterbrochen, kann dies die Gedächtnisleistung negativ beeinflussen. Wer seinem Grauen Zellen etwa gutes tuen will, probiert es zusätzlich mit sogenannten Mindfulness-Techniken wie Meditation oder Achtsamkeitsübungen. Diese helfen vor allem, die Konzentration länger aufrechtzuhalten. Aber auch die Gedächtnisleistung wird davon positiv beeinflusst. Denn wer lernt, seine Aufmerksamkeit gezielt zu lenken, kann auch im stressigen Arbeitsumfeld Informationen besser aufnehmen und abrufen. 

 

Wer diese Techniken und Tipps anwendet, ist auf dem Bau bestens dafür gewappnet, an alles zu denken und nichts mehr zu vergessen. Kleine Schusselfehler, die dann bei Abnahme unangenehm auffallen, sollten so der Vergangenheit angehören.

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