»Mir war früh klar, dass ich mich selbstständig machen will«
Mehr als 50 Jahre war Georg Weisenberger Unternehmer in der TGA-Branche. In diesen Jahrzehnten hat er viel Wandel im Markt erlebt. Ein Gespräch über technische Entwicklungen, Stolzprojekte und warum es so schwer ist, geeignete Mitarbeiter zu finden
Herr Weisenberger, ich habe gehört, Sie haben Ihr Unternehmen damals mit nur 21 Jahren gegründet. Da machen Sie ja jedem Start-up Konkurrenz!
Ja, ich war schon sehr jung, zugegeben. Aber mir war schon sehr früh klar, dass ich mich selbstständig machen will. Ich hatte einfach den Drang dazu, etwas Eigenes aufzubauen. Und als ich dann 1972, mit 21 Jahren, wie Sie sagten, die Gelegenheit hatte, habe ich sie sofort beim Schopf gepackt.
Das heißt, Sie haben ohne Meistertitel einen eigenen Betrieb aufgebaut.
Richtig. Eigentlich hatte ich geplant, später noch den Meister zu machen. Aber wir hatten dann relativ früh schon so viele Aufträge, dass ich mir so eine Unterbrechung nicht hätte leisten können. Es lief einfach zu gut (lacht). Anfangs waren das natürlich eher kleine Projekte, vor allem für Privatkunden. Unser Motto war damals: Wir bauen keine 0815-Bäder. Und daran haben wir uns auch streng gehalten. Deswegen lief es ja gleich zu Beginn so gut.
Heute haben Sie den privaten Sektor vollständig verlassen und konzentrieren sich auf Geschäftskunden. Wie kam es zu dem Wechsel?
Das vollzog sich nach und nach. Durch unsere gute Auftragslage sind wir peu à peu gewachsen. Erst waren wir zwei, dann vier, dann sechs und so weiter. Mit mehr Leuten kann man natürlich auch größere Aufträge an Land ziehen. Und dabei haben wir eben auch eine gute Figur gemacht, wenn ich das so sagen darf. Etwa zehn Jahre nach der Gründung, Anfang der 80er, sind wir dann über den Bereich Aschaffenburg mehr und mehr heraus Richtung Frankfurt gewachsen. Bei so einer boomenden Großstadt haben sich die Möglichkeiten für große Projekte noch einmal deutlich gesteigert.
Auf welche Projekte sind Sie denn besonders stolz?
Ach, da gibt es viele. Wir haben zum Beispiel am großen Nordwestzentrum in Frankfurt mitgebaut. Oder der Condor Campus. Das ist ein Trainingszentrum für Piloten von Boing. In Würzburg haben wir an 70 hochwertigen Wohnanlagen gebaut. Es gab auch einige Hotels wie das Grand Dream Hotel in Frankfurt mit 130 Zimmern. Außerdem haben wir in etlichen Industrieobjekten gearbeitet. Über die Jahrzehnte kam schon einiges zusammen.
52 Jahre lang haben Sie ihren Betrieb geführt. Was hat sich in dieser Zeit alles verändert?
Über einen so langen Zeitraum verändert sich natürlich Vieles. Insgesamt sind die Dinge viel komplizierter geworden als früher. Als ich angefangen habe, bestand ein Vertrag oftmals noch aus einem Handschlag. Man hat sich in die Augen geschaut und wusste: „Das ist jetzt verbindlich.” Heute sind die Vertragswerke viel komplexer. Genauso wie Ausschreibungen, Auflagen und so weiter. Die Bürokratie hat enorm zugenommen. Das macht es selbstverständlich nicht einfacher, im Gegenteil. Heute muss man alles nachweisen. Selbst, ob ein bestimmter Mitarbeiter eine Hebebühne bedienen kann. Sehr einschneidend sind auch die Veränderungen durch das Internet. Früher hatten wir einen großen Ausstellungsraum. Kunden sind zu uns gefahren und haben hier vor Ort ausgesucht, was sie in welcher Ausführung und Farbe haben wollen. Heute gibt es den nicht mehr, da alles online zu finden ist. Die Kunden sind dadurch wesentlich informierter als früher. Sie können Angebote vergleichen. Dadurch ist der Markt wesentlich transparenter. Wobei ich das gar nicht als negative Entwicklung sehe.
Die Berufe selbst sind auch immer komplexer geworden.
Ja, das kommt auch dazu. Mal überspitzt gesagt: Zu meiner Anfangszeit wurde der Badeofen noch mit Holz befeuert. Heute muss dagegen eine Wärmepumpe her. Das illustriert die technische Entwicklung unserer Branche. Die Ansprüche sind ganz andere. Alles muss heute auf Knopfdruck oder via Smartphone funktionieren. Das führt natürlich dazu, dass auch Handwerker heutzutage ganz andere Fertigkeiten mitbringen müssen. Das verschärft den Fachkräftemangel noch einmal zusätzlich. Schon jetzt ist es enorm schwer, geeignete Kandidaten zu finden. Die Betonung liegt auf „geeignet”.
Reichen die schulischen Leistungen oft nicht aus? Das hört man ja immer wieder aus der Branche.
Ach, wenn es nur das wäre. Oftmals hapert es an ganz grundlegenden Eigenschaften wie Pünktlichkeiten, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und sogar an Höflichkeit. Vor 2010 hatten wir noch genügend geeignete Bewerber. Und dann kam der Kipppunkt.
Nun haben Sie nach mehr als 50 Jahren die Führung Ihres Unternehmens abgegeben. Wie fühlt sich das an?
Gut fühlt sich das an. Wir haben mit Builtech einen Partner gefunden, mit dem die Chemie stimmt und von dem sehr gut skizziert wurde, wie es mit meinem Unternehmen weitergehen soll. Ich werde meinen Ruhestand auf jeden Fall genießen.
Herr Weisenberger, vielen Dank für das Gespräch
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